Empfehlungen der Civil-G8 an das Forum «Partnerschaft mit Afrika» . Moskau, 24.-25. Oktober 2006
Wir, die Vertreter der Organisationen der Zivilgesellschaften Afrikas, der G8 und der Organisation zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung, wenden uns mit einem Aufruf an die Mitglieder des Forums «Partnerschaft mit Afrika». Es ist notwendig, die Prozesse der Zusammenarbeit mit dem Forum «Partnerschaft mit Afrika» optimal zu nutzen, um die übernommenen Verpflichtungen in die Tat umzusetzen, was eine Beschleunigung des Prozesses zur Erreichung einer größeren Stabilität, eines Wirtschaftswachstums und einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika ermöglicht.
Deshalb bestehen wir darauf, dass das Forum «Partnerschaft mit Afrika» die folgenden Empfehlungen zur Kenntnis nimmt, die wir auf der Grundlage vorangegangener Diskussionen erarbeiteten:
Bezüglich Handel und Finanzen:
1. Im Rahmen des Projektes Offizielle Entwicklungshilfe sollen bis zum Jahr 2010 zusätzliche 25 Milliarden US-Dollar für die Länder des afrikanischen Kontinents zur Verfügung gestellt werden.
2. Bis zum Jahr 2010 soll seitens der wirtschaftlich hochentwickelten Länder ein obligatorischer Zeitplan für die Ausweitung der offiziellen Hilfe auf 0,7% des Bruttonationaleinkommens aufgestellt werden.
3. 49 Staaten Afrikas, die über eine Auslandsverschuldung verfügen, sind 100% ihrer Schulden zu annullieren.
4. Die Begriffe der Schuldenannullierung und der Hilfeleistung sind deutlich voneinander abzugrenzen. Unmäßig hohe Subventionen dürfen nicht als Hilfe betrachtet werden.
5. Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Ländern Afrikas, des Karibischen Beckens und der Pazifikregion, die im Rahmen des Abkommens über eine europäische Zusammenarbeit geführt werden, sind solange einzustellen, bis ein Beschluss über einen neuen Zeitplan und über einen wirklich bilateralen Ansatz zwischen den Ländern Afrikas, des Karibischen Beckens und der Pazifikregion einerseits und den europäischen Staaten andererseits gefasst wurde.
6. Das Forum «Partnerschaft mit Afrika» soll innovative Initiativen zur Finanzierung von kleinen, mittleren und Kleinstunternehmen unterstützen, wie zum Beispiel ein Funkmesssystem zur Erkennung von Flugzeugen und Schiffen, eine Steuer auf Flugtickets und die Regulierung der Tätigkeit von Geldüberweisungsagenturen.
7. In einem aktiven Dialog im Rahmen des Forums «Partnerschaft mit Afrika» ist es notwendig für die Lösung der Krise bezüglich der Warenpreise, im Rahmen der WTO die Initiative einer Gruppe von afrikanischen Staaten zu den Warenpreisen, zur Stimulierung der Mechanismen der Regelung des Marktes (zum Beispiel der Steuerung der Lieferketten) zu diskutieren, zu unterstützen und in die Tat umzusetzen.
Bezüglich der Landwirtschaft:
Wir stellen mit Bedauern fest, dass sowohl die Geberländer als auch die afrikanischen Länder den Problemen und Möglichkeiten des landwirtschaftlichen Sektors nicht genügen Aufmerksamkeit widmeten, ungeachtet dessen, dass ungefähr 70% der Bevölkerung Afrikas in der Landwirtschaft ihre Existenzgrundlage haben. Wir empfehlen, durch gezielte Entwicklungshilfe als solche das Wachstum der Produktivität des landwirtschaftlichen Sektors in Afrika, die Erhöhung seines Mechanisierungsgrades und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, besonders für Frauen, zu fördern.
1. Den Ländern Afrikas soll ein strategischer Raum zur Bestimmung ihrer eigenen Prioritäten, besonders auf dem Gebiet der Landwirtschaft, zur Verfügung gestellt werden. Dafür müssen die Forderungen nach einer Liberalisierung des landwirtschaftlichen Sektors eingestellt werden.
2. Das Forum «Partnerschaft mit Afrika» soll auch seine Anstrengungen, die auf die Erhöhung der Produktivität von kleinen Landwirtschaften abzielen, konzentrieren und Mechanismen der Regulierung des Marktes in Gang setzen, indem es Kleinbauern günstige Preise anbietet.
3. Den afrikanischen Ländern, die gegen eine Privatisierung von Land- und Wassergebieten auftreten, darf diese nicht aufgezwungen werden.
4. Die Probleme der Landwirtschaft müssen zu den wichtigsten Prioritäten der Afrikanischen Union und der Geberländer zählen. Eine überaus wichtige Rolle könnte in diesem Zusammenhang der Europäische Entwicklungsfonds (EDF) spielen.
Bezüglich Infektionskrankheiten
Die Bedeutung der zahlreichen Aufgaben und Ziele anzuerkennen, die von den hochentwickelten und den Entwicklungsländern gesetzt werden, insbesondere die Bedeutung der Entwicklungsziele des Jahrtausends, der Politischen Deklaration der Sondersitzung der Vereinten Nationen zu den globalen Maßnahmen gegen AIDS, der Deklaration der Afrikanischen Union zu den Problemen von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria, die in Abudja mit dem Ziel, bis 2010 einen universellen Ansatz bei der Behandlung dieser drei Krankheiten zu finden, verabschiedet wurde, der Programme der G8, der Kommission für die Probleme Afrikas und anderer groß angelegter Programme.
Das Forum «Partnerschaft mit Afrika» als wichtigstes Forum für die Information und Kontrolle der Durchführung der G8-Programme und anderer globaler Programme soll:
1. in seinem Kampf gegen die Infektionskrankheiten den drei wichtigsten Infektionskrankheiten AIDS, Tuberkulose und Malaria, sowie den Problemen der Gesundheit von Kindern und der Mutterschaft in gleichem Maße größere Aufmerksamkeit zu schenken;
2. proaktive Maßnahmen zur Klärung der Frage ergreifen, wo und wann Pläne und Spendenpolitik bezüglich des Gesundheitswesens erarbeitet und diskutiert werden. Das betrifft zum Beispiel die Aktivitäten der Mission des Internationalen Währungsfonds in den Ländern Afrikas, die Verhandlungen am Runden Tisch über die Ausarbeitung von Arbeitsplänen, die von der Weltbank organisiert werden (Arbeitsplan zur Lösung der Probleme in Zusammenhang mit HIV/AIDS in Afrika von 2007 bis 2010). Den Ländern Afrikas sind solche Informationen unverzüglich zu übermitteln, damit ihre Teilnahme und ihr Stimmrecht in diesen Prozessen sichergestellt ist, die schließlich einen positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand der Bewohner Afrikas ausüben sollen.
3. dafür sorgen, dass die Geberorganisationen, besonders die Weltbank, die Abteilung für internationale Entwicklung (Großbritannien) und die Kanadische Agentur für Internationale Entwicklung, die die Akzente im von der Bekämpfung einzelner Krankheiten in Richtung von Bemühungen zu einer Stärkung des Gesundheitswesens verschoben haben. Klären, was eine Finanzierung für die „Entwicklung des Gesundheitswesens“ im Zusammenhang mit der Untersuchung konkreter Ergebnisse in der Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria bedeutet.
4. dafür sorgen, dass Probleme von AIDS/HIV wie das Brandmarken und die Diskriminierung von Menschen, die AIDS-infiziert sind, und der Mitglieder ihrer Familien, von Drogenabhängigen und Prostituierten einen aktiven Widerhall in der Tätigkeit des Forums «Partnerschaft mit Afrika» finden. Den Geberorganisationen die Wichtigkeit und Komplexität dieser Probleme klar machen.
5. eine Diskussion unter den Teilnehmern des Forums «Partnerschaft mit Afrika» über die Fragen organisieren, die die Infektionskrankheiten und das Gesundheitswesen insgesamt betreffen, einschließlich des Problems der Personalkrise im Gesundheitswesen und der Auswirkungen der Inflation und des Ausgleichs des Budgetdefizits im Internationalen Währungsfonds auf die Möglichkeiten der afrikanischen Länder, das äußerst notwendige zusätzliche medizinische Personal einzustellen.
Bezüglich Energie und Infrastruktur
Die Länder Afrikas brauchen Energiequellen, die sauber, zuverlässig und erschwinglich sind. Energie soll aufgrund der Nachfrage geliefert werden und nicht aufgrund des Angebots. Das Forum «Partnerschaft mit Afrika» soll einen konstruktiven Dialog mit der Zivilgesellschaft führen und dabei den Bedarf der Länder Afrikas an Energie mit dem Akzent auf die vor Ort anwendbaren und lebensfähigen Lösungen des Energieproblems einschätzen.
Die Länder des afrikanischen Kontinents stehen vor dem bedeutenden Problem des heutigen Energiemarktes, den äußerst negativen Auswirkungen des hohen Erdölpreises auf die Wirtschaft der am wenigsten entwickelten Länder. Es ist notwendig, bedeutende Schritte zu unternehmen, damit die afrikanischen Erdöl- und Erdgasvorräte die Deckung des Energiebedarfs Afrikas fördern.
Landwirtschaftliche Märkte müssen mit erneuerbaren Ressourcen versorgt werden, während die Städte mit den Technologien einer sauberen Gewinnung von Gas/Kohlenwasserstoffen und Kohle versorgt werden müssen.
Das Forum «Partnerschaft mit Afrika» soll einen Bericht mit einer Einschätzung der Initiativen des privaten Wirtschaftssektors und mit der Angabe vorbereiten, welchen Beitrag ausländische Direktinvestitionen und Unternehmen des privaten Sektors für die Lösung des Problems des Energiedefizits leisten können.
Bezüglich der Teilnahme der Organisationen der Zivilgesellschaft an der Tätigkeit des Forums «Partnerschaft mit Afrika»
Als wichtiges betroffenes Subjekt auf der Tagesordnung zur Entwicklung Afrikas kann die Zivilgesellschaft eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle über die Einhaltung der entsprechenden Verpflichtungen der Länder Afrikas, der Organisation zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung und der G8 spielen. Diese Tätigkeit kann Folgendes beinhalten:
1. Eine gemeinsame Planung der Strategie und Informierung des Forums «Partnerschaft mit Afrika» , zum Beispiel auf dem Gebiet der Einhaltung von Verpflichtungen auf lokaler, staatlicher, regionaler und internationaler Ebene, sowie bei der Schaffung des nötigen internationalen Klimas für die Verwirklichung der Programme der G8.
2. Die Teilnahme der Zivilgesellschaft soll im Rahmen der Arbeit des Forums «Partnerschaft mit Afrika» integriert und mit einem rechtlichen Status ausgestattet sein.
3. Der Vorbereitungsprozess für die Teilnahme der Zivilgesellschaft muss von den Teilnehmerländern des Forums «Partnerschaft mit Afrika» unterstützt werden, damit eine umfassende, abgestimmte, strategische und aktive Teilnahme der Organisationen der Zivilgesellschaft gefördert wird.
4. In die Tagesordnung der Versammlungen des Forums «Partnerschaft mit Afrika» muss die Frage der Informiertheit der Organisationen der Zivilgesellschaft fix aufgenommen sein, um deren Reaktion auf die gefassten Beschlüsse zu gewährleisten.
5. Bei der Integrierung der Zivilgesellschaft in die Tätigkeit des Forums «Partnerschaft mit Afrika» sollen die betroffenen Seiten zur Teilnahme am Monitoring seiner Arbeit und an den Sitzungen der Expertengruppen herangezogen werden, was einer Anerkennung der Kompetenz der Zivilgesellschaft bedeuten würde.
6. Die Völker des afrikanischen Kontinents, die Unternehmen des privaten Sektors der Wirtschaft, die Organisationen der Zivilgesellschaft Afrikas, die internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft und die Parlamente sollen als Teil dieses Prozesses anerkannt werden.
7. Einen offenen Zugang zur Information durch die Einsetzung von Mechanismen der Informationsweitergabe wie Internetseiten, Zugang zu den Vorbereitungsdokumenten des Forums, zu Datenbanken usw.
8. Bezüglich des Gemeinsamen Arbeitsplans: wir ersuchen darum uns die vollständigen Informationen dazu zur Verfügung zu stellen und die Gründe zu erklären, warum der Gemeinsame Arbeitsplan bis jetzt nicht ausgearbeitet wurde und welche Maßnahmen das Forum «Partnerschaft mit Afrika» zur Lösung dieses Problems unternimmt.
9. Im März 2007 wird eine repräsentative Delegation der Organisationen der Zivilgesellschaft an der Versammlung des Forums «Partnerschaft mit Afrika» teilnehmen.
Wir glauben, dass das Forum «Partnerschaft mit Afrika» in erster Linie darüber informiert werden muss, wie die Sicherheit der afrikanischen Familien und Gemeinschaften gesichert werden kann. Wir als Organisation der Zivilgesellschaft werden uns bemühen, alles zu tun, was uns möglich ist, um diesen Prozess durch hervorragende Koordination und Entwicklung der Tagesordnung zu den Problemen Afrikas zu beschleunigen. Das wird jedoch nur möglich sein, wenn uns die vorhandenen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden und die Sprachbarrieren bei der Diskussion der Probleme des Forums «Partnerschaft mit Afrika» beseitigt werden.