Civil G8 2006

Die Civil G8 – eine Möglichkeit für alle,
die globalen Probleme zu diskutieren!

earth

„Sicherheit der Energie“. Empfehlungen des Forums vom 3.-4. Juli an den G8-Gipfel in Sankt Petersburg


Energiesicherheit ist untrennbar mit den Hauptproblemen des Umweltschutzes und deshalb mit folgenden Fragen verbunden:

(i) – Klimasicherheit;

(ii) – Sicherheit des Erdölsektors bezüglich dessen Einflüsse auf die Umwelt; und

(iii) – Sicherheit der Atomenergie.

Diese Fragen wurden von der Arbeitsgruppe als jeweils einzelne Themen behandelt.

Wissenschaftler stimmen praktisch vollkommen überein darin, dass es eben die Verbrennung von fossilen Brennstoffen ist, die zu einem schnellen Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre führt und damit zu einer anthropogenen Veränderung des Klimas und den damit zusammenhängenden katastrophalen Erscheinungen wie Trockenheiten, Überschwemmungen, Wirbelstürmen, Hitzewellen, dem Schmelzen des ewigen Eises und Auftauen von Permafrostböden usw. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für das Leben und die Gesundheit der Menschen, die Stabilität der Ökosysteme und der Weltwirtschaft dar. In den letzten 150 Jahren ist die globale Durchschnittstemperatur gegenüber dem „vorindustriellen“ Niveau der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits um beinahe 10°C gestiegen. Ein weiterer bedeutender Anstieg der Temperatur kann zu unumkehrbaren Veränderungen in den Ökosystemen, sowie zu bedeutenden sozialen und ökonomischen Verlusten führen. In den nächsten zwei Jahrzehnten ist die rechtzeitige Ergreifung von Maßnahmen zur Senkung der Emissionen von prinzipieller Bedeutung.

Wir, die Teilnehmer des Forums „Civil G8“, verstehen, dass Erdöl auch in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Komponente der globalen Energiewirtschaft bleiben wird, obwohl die Regierungen von der Kohlenwasserstoffwirtschaft zu den stabilen Energiesystemen der Zukunft übergehen sollen. Zur Zeit ist die Welt nahe am Höhepunkt der Erdölförderung, aber es gibt bereits Technologien, die es ermöglichen, die gefährliche Abhängigkeit der zukünftigen Entwicklung vom Erdöl wesentlich zu senken.

Wir verstehen, dass der wirtschaftliche Fortschritt in den Entwicklungs- und den am wenigsten entwickelten Ländern einen zuverlässigen Zugang zu zeitgenössischen Energietechnologien voraussetzt. Das ist vor allem für die ärmsten Schichten der Bevölkerung, für Frauen, Behinderte u.a. wichtig. Diese Länder werden also eine Diversifikation der Transportarten für Erdöl und Erdgas anstreben, was ein zusätzliches Risiko für die Umwelt von empfindlichen Regionen wie zum Beispiel der Antarktis zur Folge hat.

Als ersten praktischen Schritt hat die Volkskammer Russlands – des Landes, das im Jahr 2006 Gastgeberland der G8 war – die Durchführung einer Weltkonferenz zum Thema „Globale Sicherheit der Energie und nachhaltige Entwicklung“ in Moskau angeregt, was einen positiven Beitrag zur Erreichung unserer Ziele bedeuten kann.

Die Atomenergie ist kein nachhaltiger Weg in der Entwicklung der Energiewirtschaft. Nicht nur löst sie keine Probleme der Sicherheit der Energie, sondern verschlimmert sie, indem sie weniger als 3% der Treibstoff- und Energiebilanz der Welt beiträgt.
Die Atomenergiewirtschaft trägt nicht dazu bei, die Veränderungen des globalen Klimas anzuhalten, sondern erhöht das Risiko der Verbreitung von Atomtechnologien und macht die Folgen für die künftigen Generationen noch schlimmer durch die Anhäufung von Atommüll. Dabei gibt es wirtschaftlich und ökologisch vorteilhafte Alternativen zur Atomenergie.

Um die Sicherheit des Klimas zu erreichen:

1. rufen wir die Länder der G8 auf, die Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf dem Niveau von unter 20°C im Vergleich zum „vorindustriellen“ Zustand Mitte des 19. Jahrhunderts zum gemeinsamen Ziel zu machen. Die übrigen Länder der Welt dazu aufzurufen, Ihrem Beispiel zu folgen. Das erfordert eine Senkung der weltweiten Emissionen von Treibgasen auf mindestens 50% unter das Niveau von 1990 bis zum Jahr 2050. Um dieses Ziel zu erreichen, sind eine Entwicklung von Marktmechanismen, eine strenge staatliche Regulierung und freiwilliges Handeln wichtig.

2. müssen die Länder der G8 unbedingt die Erfüllung des Aktionsplanes von Gleneagles beschleunigen, was die Aufstellung von langfristigen bedeutenden und juristisch verbindlichen Rahmenverträgen bezüglich der Energieeffizienz, der schnellen Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen und der Senkung der Emissionen von Treibgasen, sowie zielgerichtete Maßnahmen, die fristlich genau abgegrenzt und zahlenmäßig beurteilbar sind, erfordert.

3. müssen die Länder der G8 gemeinsam mit den fünf größten Entwicklungsländern eine Sondergruppe zur erneuerbaren Energie bilden, um die besten vorhandenen Technologien festzulegen und weiterzuentwickeln, sowie ihre Weitergabe zu organisieren; außerdem müssen sie Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung und Schaffung einer zukünftigen Agentur zur erneuerbaren Energie mobil machen.

4. müssen die Länder der G8 vorhandene Subventionen (weltweit erreichen diese eine Summe von 240 Milliarden US-Dollar pro Jahr) konsequent für sichere, erneuerbare und klimatisch effiziente Energiequellen und –technologien umwidmen.

Wir rufen die Regierungen der Länder der G8 auf, eine prinzipiell neue Entwicklungspolitik auf dem Erdölsektor, beim Transport und der Verwendung von Erdöl und Erdgas zu adoptieren, was eine historische Errungenschaft der G8 darstellen wird.

5. In ökologisch empfindlichen und besonders wertvollen Gebieten (offiziell gesetzlich festgelegte besonders geschützte Naturgebiete, die den Kategorien I und II nach IUCN (Weltnaturschutzunion) entsprechen, Objekte des Welterbes der Menschheit und anerkannte Regionen mit großer Artenvielfalt) wie auch an den heiligen Orten von indigenen Völkern und kleinen Völkern dürfen keine Erdöloperationen durchgeführt werden: keine Bohrungen, kein Bauen von Pipelines, kein Transport in Tankern und keine Verladung.

6. Überall auf der Welt muss die Entwicklung des Erdölsektors auf der Grundlage des Prinzips der Verwendung der besten Standards erfolgen. In der Tätigkeit von transnationalen Firmen in den entwickelten und den Entwicklungsländern darf nicht „mit zweierlei Maß gemessen“ werden. Außerdem darf es keine Politik des „ökologischen Dumpings“ geben, die Ölfirmen in weniger entwickelten Ländern anwenden.

7. Die Regierungen von Erdöl fördernden und Erdöl importierenden Ländern müssen Nationalfonds für die Bekämpfung von Verschmutzungen mit Erdöl einrichten, die mit Hilfe von eigens festgelegten Abgaben auf das Erdölvolumen gefüllt werden; außerdem muss die Einführung einer vollen Haftung für Verschmutzungen durch Erdöl (Auslaufen von Erdöl) eingeführt werden. Die Länder müssen die existierenden internationalen Konventionen bezüglich der Haftung für Verschmutzungen durch Erdöl (Konvention über die zivilrechtliche Haftung, Konvention über den Internationalen Kompensationsfonds für die Folgen von Verschmutzungen durch Erdöl und über den Zusatzfonds im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO) in der Weise ergänzen, dass eine vollständige Ersetzung aller Verluste und Schäden, einschließlich ökologischer (nichtökonomischer) Schäden an den Ökosystemdiensten gewährleistet ist. Die Länder der G8, die das noch nicht getan haben, müssen die Konvention über die Beurteilung des Einflusses auf die Umwelt im grenzüberschreitenden Zusammenhang (Espoo, 1991) unterzeichnen (Japan) bzw. ratifizieren (USA und Russland).

8. Zur Behebung des Schadens, der den natürlichen Ökosystemen durch die Ausbeutung von Erdölvorkommen auf der ganzen Welt zugefügt wird, müssen die Regierungen eine eigene Ökologie-Kompensationssteuer auf die Förderung von Erdöl einführen, die Einnahmen aus welcher für die Minimierung der Einwirkungen auf die Umwelt aufgewendet werden sollen. Die eingenommenen Geldmittel müssen im Rahmen nationaler ökologischer Prioritätsrichtungen wie zum Beispiel die Erhöhung der Energieeffizienz und die Entwicklung und Einführung von stabilen Energiequellen verwendet werden, können aber auch als zusätzliche Quelle für Budgetmittel der Globale Umweltfazilität (GEF) zur Finanzierung von Umweltschutzinitiativen in den Entwicklungsländern dienen.

Im 20. Jahr nach der Katastrophe von Tschernobyl fordern wir:

9. Die Programme zum Bau neuer und zur Verlängerung des Betriebs von bereits in Betrieb befindlichen Atomenergieblöcken einzustellen.

10. Alle möglichen Arten von staatlicher Subventionierung für die Atomenergie einzustellen und die so freigewordenen Ressourcen für die Förderung von erneuerbaren Energiequellen, der Energieeffizienz und Energiesparmaßnahmen zu verwenden.

11. Die Aufarbeitung von atomarem Brennstoff und anderem Atommüll einzustellen und ihren grenzüberschreitenden Transport zu verbieten.

12. In allen Ländern die gesellschaftliche Teilnahme und gesellschaftliche Kontrolle über multinationale Energie- und Kernkraftprojekte, unter anderem auf der Grundlage von internationalen Konventionen, zu gewährleisten.



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